Freitag, 6. April 2007

Einmal mehr Brauneck

Karfreitag. Nach einer ziemlich verrückten Arbeitswoche bist Du froh, dass Du Dich auf der Autobahn Richtung Süden wieder findest. Nach kurzer Überlegung entscheidest Du Dich, wieder einmal ans Brauneck zu fahren. Morgen kommt dann Garmisch dran.

Lenggries, Parkplatz Brauneckbahn. Neben Dir packt Nina. Sie hat schon ihren Schirm auf dem Rücken und macht sich zur Bergbahn auf. Nachdem Du vom Liftpersonal freundlich aber bestimmt darauf hingewiesen worden bist, dass Dein Bergbahn-Ticket abgelaufen ist und Du daraufhin ein Neues erworben hast, öffnet sich auch für Dich das Drehkreuz der
Kabinenbahn.

Die Gondel zockelt langsam den Berg hinauf. Das Lenggrieser Tal weitet sich vor Dir. Lasten beginnen abzufallen. Ruhe. Tog-tog-tog – die erste Seilbahnstütze. Wieder Ruhe. Ein bisschen schaukelt es. Das tut irgendwie gut.

An der Bergstation empfängt Dich ein frischer Südwind. Nicht schlimm, gerade recht. Du steigst zum Südstartplatz hoch. Es ist erst kurz vor zehn. Nina steht oben mit drei anderen Piloten. Irgendwie ungewöhnlich leer. Ihr tratscht. Starten hat Zeit. Von Nina erfährst Du, dass Burkis neues Buch ganz gut geht und die Erwartungen erfüllt. Das freut Dich.

Du machst Dich langsam startklar. Nach dem Wetterbericht erwartest Du heute gute Bedingungen, um lange oben bleiben zu können. Vielleicht kannst Du zur Benewand fliegen. Du hast extra Dein Trinksystem aufgefüllt und an was zu futtern für unterwegs gedacht.


Kurz nach halb elf. Du ziehst Deinen Schirm auf. Dann zwei Schritte und Du hebst sanft ab. Der Hausbart steht zuverlässig an seinem Platz. Schnell schraubst Du Dich auf etwas über 1.800 m. Oben angekommen fliegst Du sofort straight on Richtung Latschkopf.

Kaum bist Du unterwegs setzt über 2 m/s Sinken ein. Super! Du bleibst genau über dem Kamm. Es wird schon wieder aufhören. Du fliegst weiter. Jetzt 3,5 m/s. Der Kamm kommt schon näher. Trotzdem weiter! Der Kamm kommt bedrohlich nah. Nichts. Nur Sinken! Jetzt musst Du abdrehen. Du entscheidest Dich für die Südseite, weil der Wind ja gerade noch beim Start von da kam. Fehlentscheidung! Zwischenzeitlich hatte der Wind auf Nord umgeschlagen und zwar nicht zu knapp. Das wird Dir mit 4 m/s Sinken quittiert. Du bist froh, dass Du schnell vom Kamm wegkommst. Vielleicht wird es Richtung Jachenau wieder besser. Du fliegst also weit nach Süden. Immer nur Sinken, Sinken, Sinken.

Du bist schon weit unter Gradniveau. Du drehst nach Osten, in der Hoffnung wenigsten noch am Kotiger Stein einen Bart zu finden. Mit Ach und Krach schaffst Du es bis dahin. Aber am Kotiger Stein rührt sich auch nichts. Es geht weiter mit 2 bis 3 m runter. Du hältst auf Wegscheid zu, denn den Landeplatz an der Talstation der Brauneckbahn erreichst Du so nicht mehr.

Über der Blaickenberg-Alm wirst Du plötzlich unsanft in Dein Gurtzeug gepresst. Dein Schirm kippt nach hinten und Dein Vario piepst und jault auf. Dann ist es auch schon wieder leise. Gespenstische Ruhe. Du schaust nach oben. Wie Dein Schirm beginnt vorzuschießen, greifst Du kräftig in die Steuerleinen. Das verhindert einen Frontklapper. Ein kleiner Entlaster an der Nase bleibt übrig. Jetzt sind aber die Bäume schon ziemlich nahe. Und das Sinken geht immer weiter…

Der Talwind aus Norden hat Dich jetzt fest im Griff. Du lässt Dich mit ihm nach Süden versetzen. Dort wird die Luft ruhiger. Und sie trägt wieder. Mit normalem Gleiten fliegst Du vor, bis zu den ersten Bauernhöfen und landest dort sicher bei ziemlich steifem Talwind.

Vom Hof kommt ein Mischling auf Dich zugewetzt und bellt Dich an. Du lässt noch mal kurz den Schirm steigen. Das lässt den Hund in sicherer Entfernung abrupt abbremsen. Von da kläfft er weiter. Du kümmerst Dich nicht weiter um ihn und packst zusammen.

Der Hund hat neben Dir Platz gemacht und guckt interessiert jeder Handbewegung von Dir zu. Als Du Deinen Rucksack zu machst, kommt er näher. Du lässt ihn an Deiner Hand schnüffeln. Dann begleitet Dich der Hund treu auf Deinem Rückweg zur Brauneckbahn-Talstation. Erst kurz vor der Landewiese bleibt er stehen und sieht Dir zu, wie Du weitergehst. Vor der Wegbiegung blickst Du zurück. Der Hund sitzt auf dem Weg und guckt Dir nach. Du winkst ihm und er dreht sich um und läuft heim.

Wieder an der Talstation angekommen, checkst Du gleich in den Brauneck-Express noch oben ein. Am Himmel kreisen jetzt eine ganze Menge andere Paragleiter. Etwas Ärger macht sich in Dir breit. Warum bist Du hier unten und die da oben?

Am Nordstartplatz ist nicht viel los. Allerdings steht der Wind kräftig an. Die Piloten, die es können, starten elegant rückwärts raus. Andere versuchen es sogar vorwärts. Es will aber natürlich nicht klappen. Es braucht sieben ziemlich unbeholfene Versuche mit mehreren Helfern bis ein offensichtlich wenig geübter Kollege mehr recht als schlecht in einer Windpause in die Luft kommt. Eigentlich hätte man ihm sagen müssen, dass das heute wohl eher nichts für ihn ist. Aber keiner wollte was sagen…

Du ziehst genüsslich Deinen Schirm auf und hebst ab. Der Nordwind steht stramm an, so dass Du am Grad entlang gut Höhe machen kannst. Zwei Mal hin und her und Du hast eine komfortable Startüberhöhung gewonnen.





Du fliegst gen Längentalkopf und machst noch mal ein paar Meter Höhe. Je höher Du kommst, desto ruppiger wird es. Ein Weiterfliegen zum Stangeneck verwirfst Du, weil Du ganz allein dort unterwegs wärst. Du fliegst zum Brauneck zurück. Dort kommt Dir der Supervorwärtsstarter pendelnd entgegen, jeweils mit den entsprechend einklappenden Öhrchen! Du hältst besser mal Abstand und hoffst, dass sich der Kerl heute nicht noch etwas tut.

Nach längerem holprigem und ziellosem Rumkurbeln begibst Du Dich zum Kogelberg. Völlig aus dem Nichts kassierst Du einen Frontklapper. Der ist aber so schnell vorbei, wie er gekommen war.

Da die Demelspitze schön im Talwind steht und ein Paragleiter bereits am Umsetzer soart, fliegst Du knapp über der Bergbahn dicht an die Bergflanke. In engen Achtern soarst Du vor der Demelspitze hoch.

Darüber zwei Achter vor dem Umsetzer und dann rüber zum Brunnstein. Der Talwind steht ziemlich auf dem Berg und Du siehst zu, dass Du nicht ins Lee der Demelspitz kommst, das bis zum Waxenstein reichen kann. Entsprechend turbulent fühlt es sich an, wenn Du vom Brunnstein etwas weiter in den Kessel fliegst.

Über dem Brunnstein findest Du noch mal thermischen Anschluss. Du drehst noch ein paar Kreise und lässt es dann aber gut sein. In einem weiten Bogen fliegst Du zum Landeplatz, wo der Windsack im Talwind senkrecht steht. Die Landung ist trotzdem völlig problemlos. Du spielst noch etwas mit Deinem Schirm im Talwind.








Wieder in München überkommt Dich der Hunger. Gott sei Dank gibt es das Ruffini und Martin hängt da auch schon ab. Es dauert gerade mal fünf Minuten, dann stehen Deine Spagetti auf dem Tresen. So was macht einfach glücklich!